Lyle Seitz, Director of Hockey Operations der win2day ICE Hockey League, geht in seine 15. Liga-Saison. Im Saisonstart-Interview zieht der Kanadier eine durchweg positive Bilanz: Die Liga habe sich sportlich, organisatorisch und im Unterhaltungswert spürbar weiterentwickelt.
Zudem gibt er Einblicke in sein breites Aufgabenfeld – von Spielbetrieb, der Kommunikation bis hin zu Sicherheit und Disziplinarmaßnahmen – und betont die Bedeutung von Feedback, Austausch und europäischer Zusammenarbeit für die Zukunft des Eishockeysports.
Lyle, du gehst in deine 15.
Ligasaison. Wenn du auf all die Jahre zurückblickst – wie siehst du
diese Zeit?
Seitz: „Nun, zuerst einmal ist die Zeit unglaublich schnell
vergangen, aber realistisch betrachtet klingen 15 Jahre nach einer
sehr langen Zeit – und in mancher Hinsicht sind sie das auch. Aber
in der Entwicklung des Sports und in der Entwicklung des Eishockeys
habe ich das Gefühl, dass wir sehr produktiv gewesen sind: das
Spiel wächst, unsere Fanbasis wächst, der Unterhaltungswert wächst.
Deshalb muss ich ehrlich sagen – und da gebührt den Spielern und
Trainern der größte Dank –, dass ich mit der gesamten Entwicklung
sehr zufrieden bin. Der Verdienst liegt bei ihnen.“
Für jemanden, der mit dem
Begriff ‚Director of Hockey Operations‘ nicht viel anfangen kann:
Wofür bist du verantwortlich und wie sieht dein typischer
Arbeitstag aus?
Seitz: „Im Grunde für alles, was innerhalb der Halle passiert. Ob
es das Spiel selbst ist, die Trainer, die Spieler, die
Schiedsrichter, das Off-Ice-Team, die Security – alles, was
innerhalb dieser vier Wände stattfindet, fällt in meinen Bereich.
Wenn man auf einen durchschnittlichen Tag blickt, geht es in dieser
Jahreszeit natürlich in erster Linie um Vorbereitung: alles für die
Saison aufstellen, gemeinsam mit den Trainern, Spielern und
Spieloffiziellen. Da gibt es viel Kommunikation hin und her. Aber
im Verlauf der Saison geht es auch darum, dass wir unser Produkt
aufrechterhalten – und zu diesem Produkt gehören all die Menschen
und Gruppen, die dieses Spiel großartig machen. Mein Alltag reicht
daher von Disziplinarmaßnahmen – was eher die negative Seite ist,
aber manchmal nötig, um den Standard des Spiels zu sichern – bis
hin zum Umgang mit persönlichen Problemen einzelner Beteiligter,
die niemand anderes etwas angehen, die wir aber lösen müssen. Wie
man sieht, ist das ein sehr breites Feld: es hat mit dem Spiel, mit
den Spielern, Schiedsrichtern und auch ihren Familien zu tun – all
das landet irgendwann auf meinem Tisch.“
Wie haben sich die
Anforderungen deiner Position in den letzten Jahren
verändert?
Seitz: „Einerseits ist es einfacher geworden, weil unser Spiel ein
hohes Niveau erreicht hat. Wir sind konkurrenzfähig mit jedem Land
in Europa, sportlich sehr stark. Andererseits endet der Job nie.
Wir entwickeln uns ständig weiter, wir wollen uns immer verbessern.
Bei den Schiedsrichtern zum Beispiel: leisten sie gute Arbeit? Ja,
absolut. Aber das heißt nicht, dass wir uns zurücklehnen. Wir
müssen besser werden. Bei den Trainern ist es ähnlich: sie coachen
ihre Teams, wie sie es für richtig halten – das ist nicht meine
Aufgabe. Aber gemeinsam tragen wir Verantwortung dafür, ein
Spitzenprodukt auf dem Eis zu haben, unseren Fans etwas für ihr
Geld zu bieten und das Spiel in der richtigen Weise darzustellen.
Wenn ich 15 Jahre zurückblicke: Damals haben wir Regeln und
Strukturen aufgebaut. Heute geht es darum, das Spiel immer weiter
zu entwickeln.“
Wie organisierst du
Zusammenarbeit und Kommunikation mit den Trainern aller
Clubs?
Seitz: „Das sind unzählige Telefonate pro Woche und sehr viele
E-Mails am Tag. Aber im größeren Bild geht es um Kommunikation mit
allen Beteiligten: Trainern, Spielern, Schiedsrichtern. Wir alle
sind im selben Geschäft, auch wenn die Teams gegeneinander spielen.
Dieses Miteinander funktioniert am besten mit Video,
Voiceover-Material, Analysen von Situationen, die vielleicht letzte
Woche falsch gelaufen sind – sei es durch Schiedsrichter, die Liga
oder andere Umstände. Dann ist es unsere gemeinsame Aufgabe: Das
ist passiert, so machen wir es in Zukunft besser.“
Du hast lange in der NHL
gearbeitet. Worin unterscheiden sich Interaktion und Kommunikation
mit Trainern und Spielern in Nordamerika von jener in
Europa?
Seitz: „Das ist eine sehr gute Frage. Es gibt viele Unterschiede.
In unserer win2day ICE Hockey League spielen vier Länder mit, dazu
kommen drei Hauptsprachen. In der NHL dagegen ist es einheitlich:
eine Sprache, zwei Länder, die sich kulturell sehr ähnlich sind.
Wenn man an die Kommunikation denkt: Auf dem Eis spricht jeder
Schiedsrichter Englisch – aber ist es auch deine starke Sprache,
verstehst du alles? Bei uns mischen sich verschiedene Kulturen,
Regierungen, politische Rahmenbedingungen. Das beeinflusst unseren
Alltag in der Liga, während die NHL damit nichts zu tun hat. Vor
allem in hitzigen Spielmomenten – mit Adrenalin und Emotionen –
muss bei uns die Kommunikation klar, ruhig und sehr verständlich
sein, damit alles korrekt verstanden wird.“
Wie wichtig ist Feedback
von Spielern, Trainern und Schiedsrichtern für dich in der
Weiterentwicklung der Liga?
Seitz: „Es ist mein tägliches Brot – das wichtigste überhaupt. Ich
manage Situationen, Erwartungen vor der Saison und reagiere während
der Saison auf Ereignisse. Aber am Ende geht es um eines: Dieses
Spiel gehört den Spielern. Ein gutes Beispiel ist der medizinische
Bereich: Auf Wunsch und Initiative der Spieler haben wir inzwischen
überall Clubärzte, Sanitäter vor Ort, Verletzungsberichte und ein
Netzwerk für die Gesundheit und Sicherheit der Spieler. Genau aus
dieser Kommunikation heraus entstehen Verbesserungen. Auch auf dem
Eis ist der Austausch zwischen Spielern und Schiedsrichtern nicht
nur negativ. Ein Beispiel war der Fall Huber: ein Bruder als
Spieler, der andere als Schiedsrichter. Für die Fans war das ein
Problem. Die Teams, Trainer, Spieler und Schiedsrichter selbst
sahen es professionell. Das war Kommunikation: offen Dinge
ansprechen, fragen, ob es ein Problem gibt, und gemeinsam
entscheiden.“
Mit dem Situation Room war
die Liga ein Pionier im europäischen Eishockey. Du bist auch in der
Champions Hockey League aktiv, wo in den letzten Jahren spannende
neue Regeln eingeführt wurden. Wie funktioniert die Zusammenarbeit
auf europäischer Ebene?
Seitz: „Wenn man die Champions Hockey League oder die verschiedenen
nationalen Ligen betrachtet, dann arbeiten wir hinter den Kulissen
alle zusammen – weil es, wie ich schon sagte, am Ende dieselbe
Branche ist. Wir sind alle im selben Sport, im selben Geschäft. Die
DEL ist die DEL, in Schweden, Finnland oder Deutschland hat jede
Liga ihre Eigenheiten, und doch sind wir alle gleich.
Zusammenarbeit bedeutet also unzählige Telefonate, verschiedene
gemeinsame Komitees und das kollektive Arbeiten daran,
sicherzustellen, dass wir uns nicht völlig voneinander
unterscheiden, sondern gemeinsam das europäische Gesamtprodukt
anbieten. Natürlich gibt es kleine Unterschiede oder besondere
Situationen, aber im Kern ist es überall dasselbe Spiel. Genau da
kommt die Champions League ins Spiel: Wo stehen unsere win2day ICE
Hockey League Teams im Vergleich zu den anderen? Sind wir
konkurrenzfähig? Liegt unser Spielstandard hoch genug? Sind wir zu
körperlich, oder nicht körperlich genug? … Diese Zusammenarbeit
könnte nicht funktionieren ohne eine enge, vollständige
Kommunikation. Nur so wird gewährleistet, dass die Champions Hockey
League dieses spektakuläre Produkt sein kann, das sie ist.“
ice.hockey , Bild: Screenshot Youtube.com









