Die Stadt Las Vegas liegt bekanntlich mitten in der Mojave-Wüste, einem Ort also, wo Wasser und Eis naturgemäß eine Seltenheit sind. Über viele Jahrzehnte hatte die Casino-Metropole deshalb mit Eishockey wenig zu tun, es gab kein eigenes NHL-Team, jedoch die eine oder andere Mannschaft in den unteren Ligen – und natürlich viele Fans, die das Geschehen Saison für Saison mit Spannung beobachteten. So wundert es kaum, dass sich mit der Zeit die Stimmen mehrten, eine Las-Vegas-NHL-Mannschaft ins Leben zu rufen, so wahnwitzig es auch schien. Mit den Vegas Golden Knights wurde der skurrile Wüstentraum Wirklichkeit.
The Great One: Ein Star
entfacht das kalte Feuer
The Great One, das ist der Spitzname des größten Eishockeystars
aller Zeiten, wenn man dem Großteil der Sportexperten Glauben
schenkt. Mit bürgerlichem Namen heißt das
Ausnahmetalent Wayne Gretzky und er entfachte in den 80ern und
90ern einen wahren Eishockeyboom. Auch bis nach Las Vegas reichte
sein Ruhm, und als Gretzky 1988 zu den Los Angeles Kings wechselte,
standen die südlichen Bundesstaaten förmlich in Flammen. Eine ganze
Reihe neuer Eishockey-Franchises entstanden am sogenannten Sun
Belt, darunter die Mighty Ducks of Anaheim, die Florida Panthers,
die Tampa Bay Lightning und die San Jose Sharks. Sie aller
erbrachten den Beweis, dass viele heiße Sonnenstunden kein
Hinderungsgrund für kühne Eishockeyträume sind.
Die ersten Eishockey-Teams
von Las Vegas
1991 fand das erste Freiluftspiel zwischen den New York Ranger und
den Los Angeles Kings ausgerechnet auf dem Parkplatz des berühmten
Caesars Palace statt – mitten in Las Vegas. Es handelte sich um ein
Duell, das rein zur Vorbereitung diente und keinem Turnier
zuzurechnen war. Zwei Jahre später siedelte sich zum ersten Mal ein
Minor-League-Franchise in der Casino-Hauptstadt an: die Las Vegas
Thunder, die sich bis 1999 in der International Hockey League
tummelten. 2003 erhoben sich dann die Las Vegas Wranglers als
Drittligisten der ECHL, die aber 2015 ihre Hockeyschläger schon
wieder an den Nagel hängten. Seit 2009 werden in wechselnden
Las-Vegas-Hotels die NHL-Awards vergeben, die Sehnsucht nach dem
rasanten Spiel auf dem Eis war also nicht zu ersticken. Im selben
Jahr kamen Spekulationen auf, die Phoenix Coyotes in die
Wüstenstadt zu verlagern, jedoch wurde nichts aus diesen kühnen
Plänen. Die Zeit war damals noch nicht reif für den ganz großen
Coup.
Die Stadt der tausend
Möglichkeiten
Tatsächlich ist Las Vegas für vieles bekannt, nicht jedoch für
seine lange Eishockey-Tradition. Stattdessen lockt die Stadt seit
Jahrzehnten Menschen an, die den Erfolg an den Pokertischen der
Casinos suchen. Viele kehren zurück, ohne das große Geld zu
gewinnen, andere besitzen das notwendige Know-how und die
Disziplin, sich an
die ungeschriebenen und geschriebenen Gesetze der Stadt und des
Pokers zu halten. Egal, wie die Reise ausgeht: Spannung und
Spielvergnügen stehen auf der sündigen Meile stets im Mittelpunkt,
hinzukommen die glamourösen Shows mit den internationalen Stars,
die regelmäßig für Furore sorgen. Wofür braucht eine Stadt, die mit
diesem Programm pro Jahr mehr als 40 Millionen Touristen anlockt,
noch den NHL-Zirkus? Wahrscheinlich, weil Las Vegas für alle Zeit
eine Stadt der tausend Möglichkeiten bleibt. Nichts scheint an
diesem Ort unmöglich, auch nicht, sich bei Gluthitze regelmäßig
einem winterlichen Sport zu widmen.
Die Geburt der Vegas Golden
Knights
Also kam es, wie es kommen musste: Im August 2014 begann die
Gerüchteküche zu brodeln, dass das NHL-Franchise für Las Vegas nun
endlich unterwegs sei. Auslöser war der Bau der T-Mobile-Arena,
einer Multifunktionsarena, die sich wie gemacht schien für den
Eishockeysport. Eine Interessensgemeinschaft aus regionaler
Prominenz gründete sich, darunter der Geschäftsmann Bill Foley als
treibende Kraft, der sich Wayne Gretzky als Berater mit an Bord
holte. Der Name Black Knights kursierte im Raum, doch wurde dieser
später wieder verworfen. Die Gruppe Hockey Vision Las Vegas
verkaufte 2015 10-Prozent-Anteile an fiktiven Saisonkarten, um den
Markt auf die Probe zu stellen: Innerhalb weniger Wochen gingen
13.200 virtuelle Tickets über den Tisch, das allgemeine Interesse
ließ sich also nicht leugnen.
Jetzt kam der Stein richtig ins Rollen, Las Vegas trat in die Bewerbungsphase ein und erhielt am 22. Juni 2016 die Erlaubnis, ein eigenes NHL-Team auf die Beine zu stellen. Der eigentliche Startschuss fiel zur Saison 2017/18, zu diesem Zeitpunkt stand die offizielle Aufnahme in die Liga an. Der kanadische Eishockeyprofi George McPhee übernahm die Zusammenstellung des nagelneuen Kaders, er verkündete am 22. November 2016 auch stolz den Namen „seiner“ Mannschaft: Vegas Golden Knights.
Pic: Wikimedia, CC BY-SA 2.0
Der Neuling startete als
Rekordsieger durch
Bereits die erste Saison wurde ein Riesenerfolg, der die Sportwelt
überraschte. Normalerweise ordnen sich neue Teams zuerst im unteren
Bereich der Liga ein, bevor sie irgendwann zur vollen Stärke
aufsteigen. Die Wüstenkrieger jedoch gewannen gleich das erste
Pflichtspiel gegen die Dallas Stars und stellten im folgenden
Verlauf einige überraschende Rekorde auf. Dass sie von den sieben
ersten Begegnungen sechs gewinnen konnten, gehörte mit dazu, ebenso
wie der Durchstart auf den ersten Rang ihrer Division.
Letzteres gelang zuletzt den Philadelphia Flyers in der Saison 1967/68. Damals jedoch wurden alle neuen Teams zu einer eigenen Division zusammengefasst, also musste eine Einsteiger-Mannschaft siegen. Die Golden Knights indes traten ausschließlich gegen alte NHL-Hasen an und setzten sich trotzdem am Ende der Saison die Krone auf. 51 Siege und 109 Punkte vereinten die Ritter damals auf sich, was ligaweit immerhin noch für den fünften Platz reichte. Zwischenzeitlich führte Las Vegas die NHL sogar nach Punkten an! Die Qualifikation zu den Play-offs war in diesem Fall nur noch eine Formalität, aber immerhin eine sehr überraschende.
Pic: Wikipedia, CC BY-SA 2.0
Die Erfolgskurve verharrt
auf hohem Niveau
Auch in der folgenden Saison erreichten die Vegas Golden Knights
die Play-offs fast schon routinemäßig. James Neal und David Perron
als wichtige Leistungsträger waren zu diesem Zeitpunkt schon nicht
mehr dabei, stattdessen hatten sich Paul Stastny, Mark Stone und
Max Pacioretty dem Team hinzugesellt. Erst die San Jose Sharks
konnten die Glücksritter aus Nevada stoppen und zwar mit einem gar
nicht mal so klaren 3:4. Im Januar wurde Cheftrainer Gerard Gallant
überraschend durch Peter DeBoer ersetzt, obwohl er sichtlich gute
Arbeit geleistet hatte. Einen Monat später legte sich die
Mannschaft
ein erstes Farmteam namens Henderson Silver Knights zu, das
ebenfalls im Staat Nevada angesiedelt ist. Für eifrigen Nachwuchs
ist also gesorgt – und die goldene Zukunft folgt damit sicher auf
den Fuß. Viva Las Vegas!








