Im ausführlichen Gespräch
mit kac.at analysiert Head Coach Petri Matikainen die Saison
2021/22 der Rotjacken und skizziert daraus abgeleitet die Zukunft
der Kampfmannschaft des EC-KAC.
Zwei Tage nach dem enttäuschenden Saisonende im siebten Viertelfinalspiel gegen die Vienna Capitals begannen beim EC-KAC die Einzelgespräche des Trainerstabs mit sämtlichen Kaderspielern, in denen das zu Ende gegangene Spieljahr auf individueller Ebene erörtert wurde. Im Anschluss daran folgte die ausführliche Analysephase von Coaching Staff und Management, an deren Abschluss die wichtigsten Weichenstellungen hinsichtlich der kommenden Spielzeit getroffen wurden. Im Gespräch mit kac.at blickt Head Coach Petri Matikainen, der seinen Vertrag beim Rekordmeister wie die weiteren Mitglieder seines Trainerstabs bis 2024 verlängert hat, auf die vergangene Saison 2021/22 zurück, er skizziert die gewonnenen Erkenntnisse und die daraus resultierenden Schlüsse für die Zukunft der Rotjacken-Kampfmannschaft.
Wie fällt mit der Distanz
von fünf Wochen zum letzten Viertelfinalspiel Ihr Fazit zur
abgelaufenen Saison aus?
Es war ein herausforderndes Spieljahr, aber auch mit einigem
zeitlichen Abstand denke ich, dass wir keine schlechte Saison
hatten. Neben dem enttäuschenden Playoff-Aus passierten auch viele
positive Dinge, die sich vielleicht nicht immer auf der
Anzeigetafel oder in der Tabelle ausgewirkt haben, von denen wir
auf lange Sicht aber profitieren werden. Uns fehlte ganz sicher die
Konstanz, was zu einem wesentlichen Teil an den vielen Verletzten
lag, die größtenteils mehrere Wochen ausgefallen sind. Allerdings
war es nicht so, dass wir oder unsere Ergebnisse ohne die fehlenden
Spieler nicht gut waren, aber die Verbliebenen mussten in diesen
Phasen sehr viel kompensieren, was Energie gekostet hat. Spieler
mussten teils größere Rollen einnehmen, als sie es gewohnt waren,
sie mussten an jedem Spieltag an ihre Grenzen gehen, das ging an
die Substanz und dafür haben wir in der zweiten Saisonhälfte den
Preis bezahlt.
In den vergangenen Jahren
ließ sich meist ein neuralgischer Punkt im Saisonverlauf
identifizieren, ab dem die Entwicklung in die eine oder andere
Richtung ihren Lauf nahm. Gab es einen solchen auch
heuer?
Wir starteten gut in die Saison, haben in der Champions Hockey
League groß aufgespielt und kamen bis ins Achtelfinalrückspiel
gegen Leksand. Dort haben wir auswärts in Schweden mit einem kurzen
Lineup Lehrgeld bezahlt und hoch verloren. Auch wenn wir danach
direkt fünf Ligaspiele hintereinander gewonnen haben, so denke ich,
dass uns diese Partie mental einen Schlag verpasst hat, den wir
noch länger gespürt haben, das war für mein Dafürhalten schon im
Flugzeug zurück nach Klagenfurt zu spüren.
Wie nach den Titelgewinnen
2013 und 2019 folgte auch auf jenen von 2021 eine durchwachsene
Saison, woher kommt dieser vielzitierte Championship
Hangover?
Im vergangenen Sommer habe ich viele Gespräche in der gesamten
Organisation geführt, fast alle waren sich einig, dass wir vor
einem schwierigen Jahr stehen. Ich hatte meine Probleme damit, das
zu verstehen oder zu akzeptieren, ich fragte mich, warum wir im
August nicht einfach dort weitermachen können, wo wir im April
aufgehört hatten, oder uns von diesem Level aus sogar noch weiter
steigern können. Doch so einfach ist die Sache nicht, denn es liegt
in der menschlichen Natur, dass ganz unterbewusst, ganz im
Hinterkopf, ein gewisses Maß an Selbstverständlichkeit Einzug
nimmt. Man geht davon aus, dass man an Erreichtes anknüpfen kann,
vergisst dabei aber teilweise darauf, wie viel man auf allen Ebenen
– mental, körperlich, in Sachen Hingabe – investiert hat, um diesen
Erfolg zu erringen. Dieses Level muss man nicht nur wieder bringen,
sondern darauf dann sogar noch ein Stück draufpacken. Das wird der
Schlüssel sein, den wir für die Zukunft finden müssen.
Nachdem die Rotjacken am
Ende des Grunddurchgangs nur auf Rang acht landeten, wartete das
schwierige und vor allem kurz ausgelegte Duell mit dem amtierenden
Vizemeister…
Wir haben die letzten fünf Partien der Regular Season allesamt
verloren, waren sprichwörtlich in der Ecke. Aber wir haben uns da
selbst herausgearbeitet, ich bin stolz, wie die Mannschaft diese
unangenehme Situation in den Pre-Playoffs gegen den HCB Südtirol
gelöst hat. Wir alle waren davon überzeugt, dass wir damit wieder
Tritt gefunden hatten. Das setzte sich dann auch in der Serie gegen
die Vienna Capitals fort, als wir von einem 1:3-Rückstand zum
Ausgleich kamen. Ich hatte das Gefühl, dass wir trotz all der
Schlaglöcher am Weg des Saisonverlaufs am Ende dennoch jene Spiele
gewinnen, in denen es wirklich darauf ankommt. In diesem Punkt
waren wir uns allerdings etwas zu sicher.
Spiel sieben im
Viertelfinale wurde in Wien auf enttäuschende Art und Weise
verloren, was war für diese Niederlage
ausschlaggebend?
Wir konnten Spiel fünf und sechs gewinnen, speziell der Auftritt zu
Hause war recht in Ordnung, das hat bewirkt, dass wir davon
ausgingen, auf dieser Welle weiterreiten zu können. Dazu kamen die
Nachrichten über die vielen Ausfälle beim Gegner: Auch wenn man da
gegensteuern möchte, unterbewusst wirkt sich das aus, man fühlt
sich noch ein Stück sicherer, beginnt damit, die Sache auf die
leichte Schulter zu nehmen. Ist man ein Team, das im Verlauf eines
Grunddurchgangs wächst und sich weiterentwickelt, wie es bei uns im
Jahr davor der Fall war, passiert das vermutlich nicht, doch diese
Mannschaft waren wir heuer nicht. Wir sind in diesem siebten Spiel
nicht den nötigen zusätzlichen Schritt gegangen, dazu kam, dass wir
billigste Gegentore, teils fast in Slapstick-Manier, kassiert
haben. Das hat das Momentum an diesem Abend geändert, die Capitals
hingegen warfen mit ihrer jungen Truppe alles aufs Eis und so haben
wir am Ende über weite Strecken gehemmt oder gar halbherzig gewirkt
– und das endete dann folgerichtig in einer Niederlage.
Welche Schlüsse sind aus
dem Verlauf der Saison 2021/22 damit aus Ihrer Sicht zu
ziehen?
Ich bin jetzt seit vier Jahren bei diesem Klub, in dieser Zeit hat
sich der Kern der Mannschaft nur unwesentlich verändert. Es gab
punktuelle Anpassungen, aber der starke Stamm dieses Teams blieb
der gleiche. Nun geht es nicht darum, alles in Frage zu stellen,
denn der Weg, den wir eingeschlagen haben, ist der richtige, aber
wir werden nicht davor zurückschrecken, Adaptierungen vorzunehmen.
Wir werden dem Team frisches Blut zuführen, das ist sowohl aus
sportlicher Warte als auch hinsichtlich des Mannschaftsgefüges
nötig. Als Gruppe haben wir in den letzten drei Jahren zwei
Meistertitel geholt, die guten Erfahrungen aus diesen
sprichwörtlichen Reisen nehmen wir mit, parallel legen wir in
einigen Bereichen aber auch einen kleinen Neustart hin.
Wie viel dieses frischen
Blutes wird aus der eigenen Organisation, sprich aus dem Future
Team in der Alps Hockey League, kommen?
Ich habe viel Respekt vor unserer Mannschaft, vor der Art und
Weise, wie wir hier miteinander umgehen und wie wir kommunizieren.
Das setzt sich in den AHL-Bereich hinein fort, es gibt mehr und
mehr Austausch und die Zusammenarbeit mit Kirk Furey, David Fischer
und Christoph Brandner läuft sehr gut. Wir alle, die Trainer in der
Kampfmannschaft und im Future Team, sind uns jedoch dahingehend
einig, dass junge, nachrückende Spieler den sprichwörtlichen Preis
bezahlen müssen, den ein Platz im Profiteam kostet. Ein Spieler
kann sich nicht über eine, zwei gute Partien oder über seine
Scoringwerte empfehlen, vielmehr geht es darum, sich über einen
längeren Zeitraum hinweg in die Kampfmannschaft hineinzuarbeiten.
Wir Trainer müssen über eine Periode von vier, sechs, acht Wochen
hinweg sehen, dass ein Spieler gewillt ist, in seine Rolle
hineinzuwachsen. In einem zweiten Schritt geht es dann darum, diese
Rolle auch auszufüllen, doch dieser gesamte Prozess braucht Zeit.
Das erfordert gerade auf Seiten des Spielers auch Geduld, in diesem
Verlauf sind auch Fehler, die passieren, kein Weltuntergang, viel
wichtiger ist, dass wir sehen, dass das Mindset das richtige
ist.
Ihre bisherigen vier
Saisonen beim EC-KAC verliefen wellenartig, zwei Mal folgte auf
eine herausragende und vom Meisterpokal gekrönte Spielzeit eine
eher wenig zufriedenstellende. Wie lässt sich dieser Rhythmus
durchbrechen?
Das heißt ja, jetzt kommt wieder eine gute Saison, oder? Nein, im
Ernst: Nach den Erfahrungen aus 2019/20 habe ich heuer versucht,
die Dinge im Jahr nach einem Titelgewinn etwas anders anzugehen.
Wir Trainer waren weniger hart im Umgang, wir haben dem Team in
gewissen Bereichen Autonomie zugestanden. Das haben wir sehr
überlegt gemacht und ich denke, auch wenn das Outcome der Saison
nicht unseren Vorstellungen entsprach, dass wir diese Aufgabe doch
deutlich besser gelöst haben als vor zwei Jahren. Es gab keine
Spannungen in der Gruppe, eventuell waren wir aber als gesamtes
Team über zu lange Phasen in komfortablen Zonen. In dieser Hinsicht
und auch betreffend der bereits erwähnten, zahlreichen
verletzungsbedingten Ausfälle hätten wir im Saisonverlauf personell
reagieren können, um etwas am Gefüge zu rütteln. Wir haben davon
Abstand genommen und ich denke nach wie vor, dass dies die richtige
Entscheidung war. Wir haben auf unsere eigenen Spieler gesetzt und
diese haben damit Erfahrungen gemacht, die auf lange Sicht wertvoll
für uns sein werden.
Was bedeutet diese
umfassende und tiefgehende Analyse nun für die Zukunft der
Kampfmannschaft des EC-KAC?
Wir haben in all den vier Jahren, in denen ich nun schon hier in
Klagenfurt arbeiten darf, als Organisation Fortschritte gemacht.
Auch als Mannschaft: Wie wir arbeiten, wie wir trainieren, welche
die Grundwerte unseres Systems sind, Eishockey zu spielen. All das
kristallisiert sich immer mehr heraus und diese Identität spannt
sich auch zunehmend in den Unterbau, das Future Team und den
Nachwuchs. In den Exit Meetings schlug uns seitens der Spieler sehr
viel Enttäuschung über das heurige Spieljahr beziehungsweise das
Outcome der Saison entgegen, im gleichen Maße haben wir aber auch
gespürt, wie viel Wille und Kampfgeist vorhanden ist, es im
nächsten Jahr besser zu machen. Ich skizziere das Bild so: Wir
machen einen kleinen Schritt zurück, der aber nur dazu da ist, um
Anlauf zu nehmen. Im nächsten Jahr sind wir nicht mehr der
Titelverteidiger, nicht mehr der Gejagte, den es zu schlagen gilt,
ich denke, diese Rolle wird uns gut liegen.
Wie wird sich dieser grob
umrissene Weg auf das Spielsystem und das Personal
auswirken?
Die Identität unseres Spiels, unseres Systems, wird sich nicht
verändern, aber wir brauchen einige neue Gesichter in der Kabine.
Wir benötigen ein wenig mehr physische Präsenz vor dem eigenen Tor,
vorne ein Quäntchen mehr Scoring Touch und Kaltschnäuzigkeit. Die
jungen, nachrückenden Spieler müssen wir in Rollen bringen, die sie
auch ausfüllen können, damit sie im kommenden Jahr die Grundlage
dafür legen können, auf lange Sicht Teil unseres Teams zu sein. Das
wird eine der zentralen Aufgaben sein, diese Athleten an der
Schwelle zum Profieishockey in unser Kollektiv zu integrieren. Das
ist aber selbstverständlich keine Einbahnstraße, den halben Weg in
unsere Richtung müssen diese Spieler selbst gehen, wenn sie den
Willen und die Hingabe zeigen, werden wir sie abholen. Insgesamt
werden wir also einen kleinen Reset vollziehen, mit Maß und Ziel.
Das Viertelfinal-Aus war aufgrund all der beschriebenen Umstände
kein Drama, kein böses Erwachen, aber sehr wohl ein kleiner
Weckruf, dass es an der Zeit ist, Spieler jüngerer Generationen
einzubauen und unsere Entwicklung auf lange Sicht abzusichern. Der
Kern unseres Teams spielt seit vielen, vielen Jahren zusammen, da
bestehen sehr starke Beziehungen zueinander. Diesen Stamm werden
wir etwas auffrischen und auflockern. Unser Ziel beim EC-KAC ist es
immer, zu gewinnen. Das beginnt mit dem Training, setzt sich fort
über das Verhalten und die Mannschaftsstruktur hin zur Chemie im
Team – und all diese Grundsteine werden wir ein Stück weit neu
legen.
Wenn alles nach Plan läuft,
werden die Rotjacken im Herbst in einer neuen Spielstätte zur Tat
schreiten, inwiefern beeinflusst dies die Planungen?
Das Spielfeld in unserer neuen Halle wird schmäler, das heißt, es
ergeben sich geringfügig andere Winkel am Eis, vor allem aber kommt
damit Turnovern eine noch größere Bedeutung zu. Das ist ein
Bereich, der ohnehin schon in all den vier Jahren, in denen ich mit
unserem Team arbeite, eine unserer Schwachstellen war. Das heißt,
hier müssen wir uns doppelt steigern. Unser Spiel war defensiv
meist stark, in der offensive agierten wir kontrolliert, aber die
Umschaltmomente waren nur selten richtig gut. Wechsel des
Puckbesitzes in der neutralen Zone und auf den ersten drei, vier
Metern nach der blauen Linie: Die Lösungen, die wir in diesen
Situationen finden oder nicht, werden noch entscheidender sein.
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