Tschechien, USA, Österreich, England, Frankreich – in 5 Ländern und 13 verschiedenen Ligen spielte Andre Niec in seiner aktiven Karriere. Nun ist er in der FHL, einer nordamerikanischen Profiliga, General Manager und Head Coach in Personalunion. Und mit den neugegründeten Carolina Thunderbirds legte er eine unglaubliche Siegesserie hin, sodass sogar der nordamerikanische Sportsender ESPN auf ihn aufmerksam wurde. Hockey-News bat den Austro-Trainerexport zum Interview:
Andre, unser letztes
gemeinsames Gespräch ist einige Zeit her (siehe
Interview). Es war im August 2017. Du hattest damals gerade
deine aktive Karriere beendet und bist erfolgreich ins
Trainerbusiness eingestiegen. Was hat sich seither bei dir
getan?
Es hat sich viel getan, mein zweites Jahr in
Berlin New Hampshire war erfolgreich, wir haben zwar im letzten
Finalspiel verloren aber als Mannschaft haben wir einen großen
Schritt nach vorne gemacht. Das erste Jahr beendeten wir auf dem
letzten Platz und ein Jahr später haben wir es ganz nach oben
geschafft. Ich wurde zum Executive of the Year gewählt, das ist die
Auszeichnung zum besten Manager der Liga. Ich habe Berlin verlassen
weil die Stadt einfach nicht ins Eishockey investieren wollte und
weil ich von Winston Salem kontaktiert wurde. Mir wurde gesagt
dass ich freie Hand habe mir meine Mannschaft zusammen zu
stellen und etwas aufzubauen. Da konnte ich nicht „Nein“ sagen. Es
war eine neue Herausforderung für mich.
Als Vizemeister mit den
Berlin River Drivers bist du also nach Winston Salem gewechselt.
Letzte Saison seid ihr noch im Halbfinale gescheitert, heuer sieht
es etwas anders aus.
Die Mannschaft in Berlin wurde
nach meinem Abgang aufgelöst und viele Spieler die für mich
gespielt haben wurden in einem Expansion und Dispersal Draft an
andere Mannschaften abgegeben. Ich habe 70 Prozent der Spieler über
den Sommer durch Trades wieder bekommen und habe es etwas leichter
gehabt die Mannschaft zu formen. Ich habe dem Management gesagt das
wir es im ersten Jahr Minimum ins Halbfinale schaffen, was gelungen
ist. Und im zweiten Jahr kündigte ich an dass wir ganz oben stehen
werden und an dem Arbeite ich jetzt.
39 Siege aus 46 Spielen und
ein zwischenzeitlicher winning streak von unglaublichen 24 Spielen
ist der momentane Stand mit den Carolina Thunderbirds und
bereits Allzeit-Ligarekord. Wie war eine solche Siegesserie
möglich?
Ich muss sagen das alle Spieler die ich habe
das gleiche Ziel haben, aber das wichtigste ist dass sich die
Spieler respektieren. Wir haben doch viele Spieler aus
verschiedenen Ländern, aber es gibt keine Gruppenbildung. Jeder
Spieler hat eine Aufgabe und jeder weiß was er machen muss um der
Mannschaft zu helfen. Dieser Ligarekord war eine harte Arbeit der
ganzen Mannschaft. Jedes Training und jedes Spiel hat dazu
beigetragen.
Du hast mir mitgeteilt dass
der Weltrekord eines Eishockeyprofiteams bei 28 Siegen in Serie
liegen würde. Das ist sich leider nicht ausgegangen, aber gab es
dennoch großes Medieninteresse?
Ich wurde sogar von
ESPN kontaktiert die mich gefragt haben ob wir es schaffen den
Rekord zu brechen. Ich wusste zuvor gar nicht wo der Rekord steht,
aber das war unser Ziel. Leider ist es bei 24 Siegen geblieben.

Headcoach Andre Niec und seine Thunderbirds
Was ist das Erfolgsrezept
deines Teams um so zu performen?
Ganz einfach: Harte
Arbeit jedes einzelnen und 100 Prozent Einsatz.
Das Ziel kann somit nur der
Titel sein oder?
Ich habe schon vor der Saison gesagt
dass wir es schaffen können am Ende ganz oben zu stehen und ich
glaube an meine Mannschaft. Die Konkurrenz ist groß, Elmira New
York und Watertown New York sind die größten Herausforderer.
Watertown war letztes Jahr Meister, schafften es aber davor nur
knapp in die Playoffs. Das zeigt: In den Playoffs ist alles
möglich.
Erzähl uns etwas über die
Liga – wie schätzt du die Stärke der Liga ein und wie ist ihr
standing in Nordamerika?
Die Liga ist sehr
körperbetont, es gibt viele Fights (Anmerkung: Die Thunderbirds
kassieren durchschnittlich 24 Strafminuten pro Spiel!). Das
Spielfeld ist etwas kleiner und deswegen muss man schnelle
Entscheidungen treffen. Wir haben oft drei Spiele binnen drei Tagen
oder auch fünf innerhalb von sieben Tagen. Das ist eine
Herausforderung für die Spieler aber da muss man durch. Dazu
kommt dass die Mannschaft nur aus 20 Spielern besteht, mehr darf
man nicht im Kader haben. Es ist schwer das Niveau mit einer
europäischen Liga zu vergleichen.
ANDRE NIEC
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Geburtsort | Ostrau/CZE |
Alter | 36 |
EBEL Einsätze | 95 |
EBEL Punkte | 5 (2T/3A) |
TEAMS
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2002/03 | EHC Lustenau (AUT 2) |
2003/04 | Kapfenberger SV (AUT 2) |
2004-2006 | Vienna Capitals |
2006/07 | Bllomington Prairie Thunder, Fayetteville FireAntz, Jacksonville Barracudas (UHL/SPHL) |
2007/08 | HC HAvirov, Sareza Ostrava, SK Karvina (CZE) |
2008/09 | HC Poruba (CZE), Telford Tigers, Basington Bison (GBR) |
2009/10 | HC die 48er (AUT 3), Cergy (FRA) |
2010-2011 | EC Zirl (AUT 4) |
2012-2014 | EC Kitzbühel (AUT 3) |
2014/15 | EHC Wattens (AUT 4), Kapfenberg Steelers (INL) |
2015/16 | HC Koprivnice (CZE) |
2016-2017 | Berlin River Drivers (FHL - Spielertrainer) |
2017/18 | Carolina Thunderbirds (FHL - Headcoach & GM) |
HIGHLIGHTS
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2005 | EBEL Champion |
2013/14 | Austria 3 Champion |
2015/16 | FHL - Most Points Defenseman |
2015/16 | FHL - Defenseman of the Year |
Du warst der erste
europäische Coach in der FHL. Haben es europäische Coaches
grundsätzlich schwerer sich in Nordamerika Respekt zu
erarbeiten?
Das auf jedem Fall. Es war nicht leicht
sich zwischen Amerikanern und Kanadiern durchzusetzen. Ich musste
mich beweisen und mir wurde oft gesagt, dass ich entlassen werden
würde, wenn wir nicht gewinnen. Es war hart aber als Belohnung
wurde ich dieses Jahr für den Trainer des Jahres nominiert.
Deine Lebensgefährtin
Karolina Huvarova nimmt ja auch einen wichtigen Part im Verein ein.
Erzähl uns mehr dazu bitte.
Karolina arbeitet in
erster Line als unser Konditionstrainer, aber sie hat mehrere
Aufgaben im Team. Sie bearbeitet alle administrativen Arbeiten was
Verträge, Transfers, usw. betrifft. Und als ich gesperrt war, hat
sie außerdem für vier Spiele die Trainerposition übernommen und war
damit die erste europäische Frau als Head Coach einer
Profi-Männermannschaft.
Wie muss man sich das
vorstellen wenn die eigene Partnerin auch „Arbeitskollegin“ ist und
man nicht nur im Privatleben harmonieren muss?
Da habe
ich das Glück dass wir uns blind verstehen und wissen das wir ohne
den anderen nicht hier wären. Meine Meinung ist: Du brauchst drei
Dinge um ein guter Coach zu sein: Eine verständnisvolle Frau einen
treuen Hund und einen Super Goalie!
Themawechsel: Verfolgst du
das österreichische Eishockey auch noch?
Ich verfolge
alle Ligen und habe Freunde in Österreich mit denen ich manchmal
telefoniere. Mir fehlen mehr einheimische Spieler in den
Mannschaften, da muss sich etwas ändern. Es gibt viele gute Spieler
in Österreich die aber keine Chance bekommen. Leider habe ich nicht
viel Zeit im Sommer, weil ich fast immer unterwegs bin aber wenn
ich da bin komme ich nach wie vor gerne nach Wien und
Kitzbühel.
Was traust du dem ÖEHV-Team
bei der WM in der Slowakei zu?
Ich hoffe dass wir den
Klassenerhalt schaffen und vielleicht können wir einige
Mannschaften ärgern. Ich werde mir ein paar Spiele in der Slowakei
live anschauen.

„Ersatzcoach“ Karolina Huvarova an der Bande
Gibt es Kontakt, oder gar
Anfragen aus Österreich?
Ja, ich habe mit einer
Mannschaft gesprochen, aber dazu darf ich nichts Konkretes sagen.
Vielleicht kommt die Zeit irgendwann mal um in Österreich ein Team
zu übernehmen.
Zum Abschluss noch ein
Rückblick mit Ausschau: Du hast bereits 2017 angekündigt dass du
große Ambitionen hast. Jetzt hast du mit 36 Jahren schon vier Jahre
Coaching-Erfahrung. Mal angenommen es sollte heuer mit dem Titel
klappen: Sollte dann nicht der nächste Schritt folgen?
Ich liebe Eishockey, es ist ein Lebensstil und ich werde weiter
hart Arbeiten um so weit wie möglich zu kommen. Wir haben noch 12
Spiele und die Playoffs vor uns und wenn alles klappt dann wird
sicher der nächste Schritt folgen. Lassen wir uns überraschen…
