Mit 35 Jahren zählt er zu den Routiniers im Österreichischen Eishockey und hat einiges erlebt. Vor allem sein Auslandsabenteuer in der Saison 2016/17 wird Florian Iberer immer in Erinnerung bleiben und daran lässt er in seinem „Abroad-Blog“ auf Hockey-News alle Fans exklusiv teilhaben.
Über 500 EBEL-Spiele, ein Meistertitel, etliche Nationalteameinsätze mit dem Höhepunkt der olympischen Spiele in Sochi – nur ein Ausschnitt der langen und erfolgreichen Karriere des Grazers, der nun wieder in seiner Heimat am Eis steht.
Nach Stationen in Linz, Klagenfurt, Wien sowie Auslandsabenteuern in Nordamerika, Deutschland und Schweden versuchte sich der einer Eishockeyfamilie entstammende Defender mit 33 Jahren nochmal in Übersee und heuerte bei den Reading Royals an. Und es sollte ein unvergessliches Abenteuer werden, von dem er in seinem „Abroad Blog“ berichtet:
Für mich war es
der schönste Tag seit ich Fuß ins Land der
unbegrenzten Möglichkeiten gesetzt hatte.
Nicht, weil es der erste und einzige freie Tag nach dem
Wochenende in Manchester war, sondern weil ich endlich meine
Freundin Lisa in New York City vom
Flughafen abholen konnte. Die Wiedersehensfreude kannte keine
Grenzen und wir waren heilfroh, dass mit ihrer Einreise
alles gut lief. Vor der Fahrt in unsere neue Heimat Reading machten
wir noch schnell einen Abstecher
nach Manhattan. Die zweistündige Heimfahrt in
der Nacht musste ich dann aber doch wieder mehr oder weniger
alleine bestreiten, denn der Jetlag machte vor niemandem halt. Ich
musste schmunzeln als ich meine Co-Pilotin in Reading weckte um ihr
ihr neues Zuhause zu zeigen.
In der ersten Woche war für Lisa bereits ein
ordentliches amerikanisches Kulturprogramm geplant. Wir
durchforsteten die gigantischen Supermärkte, die hier 24
Stunden, 7 Tage die Woche offen hatten und fanden auch
beim x-ten Besuch noch eine Abteilung, die uns davor
nicht aufgefallen war. Ganz dringend brauchten wir eine Flasche
Wein für das Thanksgiving Dinner, zu dem wir
bei Mark Dekanich und dessen Frau eingeladen
waren. Da man hier in Pennsylvania im Supermarkt keinen Alkohol
kaufen konnte, suchte ich am Handy das nahe
gelegenste Liquor Store. Wir fuhren zum Beer Mart, der
so groß war, wie ein Spar und ich sagte dem netten Herrn,
der bereits beim Eingang die Kunden betreute, dass wir auf der
Suche nach „wine“ waren. Er dachte wohl, dass ich einen
Witz machte und meinte er kenne diese Marke
nicht. Auch ich vermutete, dass der lustige Kerl mich
wohl auf den Arm genommen hatte, hatte er aber nicht. Nach einem
kurzen Hin und Her erklärte er
mir, dass es hier nur Bier zu kaufen gab. „BEER Mart“,
irgendwie logisch, dachte ich mir beim Verlassen
des Geschäfts.
Wein
und Spirituosen gab es im Bundestaat Pennsylvania nur in sogenannten State
Liquor Stores (also mit bundesstaatlicher Lizenz)
und davon gab es nur eine Handvoll in
Reading, klärte mich Lisa mit Hilfe von
Google
auf, als wir bereits zum nächsten Geschäft unterwegs waren. Zum Glück war es diesmal auch ein State
Liquor Store. Die Schlange an
der Kasse war zwei Tage vor Thanksgiving, dem wichtigsten Familienwochenende in
den USA, schier endlos.
Ich wusste, dass Alkohol hier in der Öffentlichkeit in einer Papiertüte verschwinden musste (es wusste auch wirklich niemand was in diesen Papiertüten steckte…), aber warum der Rotwein in Papier gewickelt war und der Weisswein nicht, konnte ich Lisa dennoch nicht erklären. Man musste ja nicht alle Gepflogenheiten zur Gänze verstehen, beachten allerdings schon.
HIER GEHT ES ZU DEN BISHER ERSCHIENENEN BLOG-AUSGABEN
Das um einen Tag vorgezogene
Thanksgiving Dinner (ein Festschmaus vor dem Spieltag war
nicht ideal)
war für meine Freundin komplettes Neuland.
Nicht nur der Truthahn und
die üppigen Beilagen, sondern auch die vielen
neuen Gesichter. Neben uns beiden hatten
die Dekanichs auch Mike Boivin und
Mike Pelech (dessen Bruder in Graz spielte) zusammen
mit deren Frauen eingeladen. Mike Boivins Frau war einen
Tag nach Lisa angekommen und kannte ebenso noch niemanden hier. Wir
alle verbrachten, dank der typisch offenen Art, mit der
man sich hierzulande begegnet, einen sehr lustigen
Abend, bei dem wir gleich ordentlich in die
amerikanische Feiertagskultur eintauchen konnten. Das
Thanksgiving Weekend war auch für unsere Mannschaft
ein Grund zum Feiern, denn wir konnten nach unserer sieben Spiele
anhaltenden Durststrecke endlich wieder auf
die Siegerstraße zurückkehren. Wir gewannen alle drei
Matches an diesem Wochenende und schön langsam sah man
auch das Selbstvertrauen der Jungs zurückkommen. Am
darauffolgenden Mittwoch konnten wir gegen
die Wheeling Nailers das vierte Spiel in Serie
gewinnen und tags darauf ging es für zwei
Spiele Richtung Süden gegen die Norfolk Admirals
(Virginia).
Als ich im Sommer ein Angebot von den Norfolk Admirals bekam,
zeigte mir der Headcoach Bilder von den tollen
Apartments, die die Spieler im nahe gelegenen Virginia Beach
genossen. Die Aussicht auf ein Penthouse in einem Urlaubsort mit
Sonne, Strand und Meer das ganze Jahr über war doch
sehr verlockend. Zum Glück blickte ich
damals vorrangig auf die sportliche
Situation, hörte auch auf mein Bauchgefühl und
lehnte zu Gunsten Readings ab. Im Nachhinein war es
die richtige Entscheidung, denn als wir im Bus am
Highway in Richtung Norfolk rollten, sahen wir es
bereits auf der Liga Webseite. Nach gerade einmal 17 Spielen hatten
die letztplatzierten Admirals ihren Coach gefeuert.
Zum Glück brachte ihnen auch der Trainereffekt gegen die
Royals nichts und wir konnten im ersten Spiel
gleich einen Sieg einfahren. Als ich mir nach
dem Match auf dem Ergometer vor der Kabine das
Laktat aus den Beinen strampelte, bekam ich dann
ein, für einen Österreicher, einmaliges
Schauspiel zu sehen. Etwa 30 Männer in orangen
Outfits, begleitet von bewaffneten Wärtern, begannen das
Stadion zu reinigen. Ich dachte mir, dass ein Foto mit
den, mit Besen
und Müllsäcken bewaffneten Häftlingen gut für meinen
Blog wäre und versuchte unauffällig mit
der Handykamera abzudrücken. Als ich
daraufhin einige böse Blicke der Typen in Orange
erntete, brach ich mein Erholungsprogramm
um fünf Minuten früher als geplant ab und
schlich schnell in die Kabine zurück.

Häftlinge säubern die Halle
Der neue Norfolk Coach konnte auch im zweiten
Spiel im Amt keine Trendwende einleiten und die
Royals holten sich den fünften Sieg in Serie. Die davor
erlittene Niederlagenserie war bereits wieder vergessen. Nach der
langen Heimfahrt von Norfolk hatten wir uns den freien Sonntag
redlich verdient. Auf Olivier Labelles Tipp hin,
fuhren einige Spieler mit ihren Freundinnen zum German Christmas
Market. Veranstaltet wurde dieser von einem
Club, geführt von Nachfahren deutscher Einwanderer,
die die deutsche Kultur und zu
unserer Überraschung auch die deutsche Sprache in ihrer
neuen Heimat pflegten. Neben Lederhosen und Tracht gab es einen
typisch mitteleuropäischen Weihnachtsmarkt und sogar
einen Glühweinstand. Als Lisa und ich uns
ein wärmendes Getränk an diesem Stand
bestellten, staunten wir nicht schlecht, als die nette Dame
uns besonders stolz versicherte, dass
hier für den Glühwein auch nur das
Originalrezept vom Münchner Oktoberfest verwendet
wurde.
Pic: Tom Boland Photography (Reading Royals)
