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Abroad Blog-Florian Iberer (10): Von Weihnachtsbadehosen und (Un-)Glückskrawatten

Mit 35 Jahren zählt er zu den Routiniers im Österreichischen Eishockey und hat einiges erlebt. Vor allem sein Auslandsabenteuer in der Saison 2016/17 wird Florian Iberer immer in Erinnerung bleiben und daran lässt er in seinem „Abroad-Blog“ auf Hockey-News alle Fans exklusiv teilhaben.

Über 500 EBEL-Spiele, ein Meistertitel, etliche Nationalteameinsätze mit dem Höhepunkt der olympischen Spiele in Sochi – nur ein Ausschnitt der langen und erfolgreichen Karriere des Grazers, der nun wieder in seiner Heimat am Eis steht.

Nach Stationen in Linz, Klagenfurt, Wien sowie Auslandsabenteuern in Nordamerika, Deutschland und Schweden versuchte sich der einer Eishockeyfamilie entstammende Defender mit 33 Jahren nochmal in Übersee und heuerte bei den Reading Royals an. Und es sollte ein unvergessliches Abenteuer werden, von dem er in seinem „Abroad Blog“ berichtet:

Das viertägige Christmas-Break (von 24. 12. bis 27. 12.) verbrachten Lisa und ich zusammen in New York City. Laufen im Central Park, ein Broadway Musical, etliche Museen, das One World Trade Center und ein Heli Flug über den Hudson River vorbei an der Skyline von Manhattan waren nur einige Highlights, die wir gemeinsam erleben durften. Als wir am letzten Abend zusammen mit den Boivins (sie feierten mit der gesamten Family in NYC) wieder zurück nach Reading fuhren und die immer noch imponierende Skyline Manhattans langsam in der Ferne verschwand, hatte ich wieder einmal das Gefühl wirklich die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Sportlich lief es gut und auch abseits vom Hockey hatten wir eine tolle Zeit. Nun hieß es aber zurück in den Ernst des Profi-Lebens. 

Ein etwas längeres Vormittagstraining musste als Vorbereitung für das Heimspiel gegen die Elmira Jackals genügen. Unser Coach Larry Courville hatte uns nach drei Siegen in Serie versprochen einen vierten freien Tag in der sonst nur dreitägigen Weihnachtspause* zu geben. Er hielt sein Wort und somit konnten einige Spieler über Weihnachten zurück nach Hause (zB. Minnesota, Toronto, Vancouver) fliegen. Ein Spieler entschied sich dem Weihnachtsrummel zu entgehen und flog für vier Tage nach Miami. Als der braun gebrannte Urlauber unter die Dusche ging, lachten alle lautstark über seinen eingebrannten Mini-Badehosen Abdruck. Alle Cracks kamen trotz Reisestrapazen und Festtagsessen in guter Form zurück, bis auf zwei Spieler, die gar nicht erschienen. Ihre Flüge wurden gestrichen und so verpassten sie unseren 5:0 Heimsieg gegen die Elmira Jackals. Ich war mir sicher, dass der Coach mit so einer Stitaution gerechnet hatte als er uns den extra Tag gewährte. Dank unseres momentan guten zweiten Tabellenplatzes, nahm er es wohl in Kauf.  

*Im 72-stuendigen Christmas-Break darf niemand entlassen oder getraded werden. Trainings sind in dieser Zeit ebenso verboten laut „Collective Bargaining Agreement“ – eine Art Kollektivvertrag zwischen Teams und den Spielern. Die NHL hat ebenso ein CBA – wegen der Neuverhandlungen des CBAs kam es auch schon einige Male zum LOCK OUT. 


 
Zwei Tage später stand für die Royals noch ein Heimspiel gegen die Wheeling Nailers am Spielplan. Alle Akteuere waren inzwischen aus der Weihnachtspause zurückgekehrt und wir besiegten die Nailers mit 4:2. Direkt nach dem Spiel stiegen wir in unseren Sleeper Bus um über die Nacht zum „Silvester“ Spiel nach Adirondack zu fahren. Am Silversterabend siegten wir gegen die Thunder mit 5:2. Das Spiel war für mich persönlich ein kleiner Meilenstein. Es war laut Statpack* das 800. Profispiel meiner Karriere und ich konnte mich obendrein über ein Tor und einen Assist freuen. Auf der Heimfahrt, irgendwo zwischen New York und Reading, zählten wir gemeinsam die letzten Sekunden des alten Jahres herunter. Nicht gerade ein Traumsilvesterabend, aber beschweren konnten wir uns eigentlich nicht, denn wir hatten sowohl direkt vor als auch nach der Weihnachtspause nur Heimspiele. 

*Das Statpack ist ein 50 Seiten dickes Statistikheft mit allen nur erdenklichen Team Statistiken, Tabellen, allen Spielerprofilen und individuellen Statistiken. Es ist bei den Spielern besonders beliebt, da man unter anderem daraus gut ablesen kann wer gegen wen schon gefightet hat und wer besonders „tough“ beim Gegner war. Auch bei mir stand „1 fighting major vs. Turgeon“, von einer Niederlage stand nichts, vielleicht hatte ich deshalb seither meine Ruhe.

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Im neuen Jahr kehrte ich wieder einmal für ein Wochenende und zwei Spiele an meine alte Wirkungsstätte Elmira (NY) zurück, während Lisa vier Nächte in NYC (diesmal als Tourguide) mit einer Freundin aus Graz verbrachte. Das erste Spiel begannen wir wie aus der Pistole geschossen und schenkten dem jungen Goalie aus Elmira zwei Tore in den ersten paar Minuten ein. Der Coach der Jackals hätte bei seinem ersten Timeout sicher den Torhüterwechsel signalisiert, aber da die Jackals nur einen EBUG, alle anderen Goalies waren auf Call Up, also musste ein Amateur als Back-Up auf die Bank – aufgestellt hatten, konnte er diesen nicht vollziehen. EBUGs durften nur bei einer Verletzung des eigentlichen Torhüters ins Spiel gebracht werden, nicht aber wegen eines mentalen Totalausfalles. Bei letzterem würde eine 500$ Strafe fällig werden. Nach dem vierten Tor innerhalb weniger Minuten, holte der Trainer der Jackals den Goalie zur Bank und dieser fixierte dann ca. fünf Minuten lang seine Ausrüstung. Auch die Schiris hatten angesichts dieser prekären Lage etwas Mitleid und ließen das zweite „Timeout“ durchgehen. 
 
Nichts desto trotz war das Spiel gelaufen und wir siegten am Ende mit 8:2. Am nächsten Morgen holte mich der Headcoach nach dem Frühstück zur Seite. Ich ahnte schon worum es ging. Er fragte, ob es für mich in Ordnung wäre, ein Spiel auf der Bank als Assistant Coach zu verbringen, denn er wollte einem anderen Verteidiger gegen die letztplatzierten Jackals ein bisschen Eiszeit zukommen lassen. Für mich einerseits eine Ehre, andererseits war eines meiner Ziele alle 72 Saisonspiele zu bestreiten, denn das gelang bisher nur elf Spielern in der Geschichte der Reading Royals.

(Pic: Reading Royals)

Für mein erstes Spiel als Co Trainer kam ich natürlich wie auch die Spieler im Anzug in die Halle. Auswärts war die Kleidungsvorschrift etwas legerer als bei Heimspielen. Anzug und Hemd waren Pflicht, Krawatte war aber keine unbedingt nötig. Deshalb befürchtete ich schon ohne Krawatte mein Regular – Saison Debüt hinter der Bande geben zu müssen – in Nord Amerika ein klares NO-GO. Zum Glück hatte unser Assistant Coach eine Notfallkrawatte immer bei sich. Knallrot und riesig war sie, wie die, die ein gewisser, zu dieser Zeit noch „President Elect“ zu tragen pflegte. Ich konnte zwar gut Krawatte binden, aber gegen diese war kein Kraut gewachsen und beim fünften Versuch gab ich dann auf, sie auf eine vernünftige Länge zu kürzen. Sie war auch sicher keine Glückskrawatte, denn wir verloren an diesem Abend trotz eindeutiger Feldüberlegenheit mit 3:4. Trotzdem war es eine tolle Erfahrung und ich konnte viel dazu lernen. 
 
Nach den zwei Auswärtsspielen gab es vor dem anstehenden viertägigen ECHL Allstar Break noch ein Heimspiel, abermals gegen Elmira und nach meinem Abstecher ins Coachingbusiness durfte ich nun wieder am Eis mitmischen. Wir besiegten die Jackals, obwohl diese für das Spiel gleich eine ganze Reihe aus ihrem AHL-Farmteam (Rochester Americans) erhalten hatten, mit 6:2. Nach dem Spiel ging es bereits mit gepackten Koffern, meiner Freundin Lisa und ihrer Freundin Karin zum Flughafen nach Philadelphia, wo wir noch am selben Abend nach Miami flogen. Auf die Idee gebracht hatte mich der Spieler mit dem Badehosenabdruck…

Pic: Tom Boland Photography (Reading Royals)

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