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Abroad Blog-Florian Iberer (8): Von Kulisionen, Sleeper Bussen und dem jungen Ex-Cap Simon Gamache

Mit 35 Jahren zählt er zu den Routiniers im Österreichischen Eishockey und hat einiges erlebt. Vor allem sein Auslandsabenteuer in der Saison 2016/17 wird Florian Iberer immer in Erinnerung bleiben und daran lässt er in seinem „Abroad-Blog“ auf Hockey-News alle Fans exklusiv teilhaben.

Über 500 EBEL-Spiele, ein Meistertitel, etliche Nationalteameinsätze mit dem Höhepunkt der olympischen Spiele in Sochi – nur ein Ausschnitt der langen und erfolgreichen Karriere des Grazers, der nun wieder in seiner Heimat am Eis steht.

Nach Stationen in Linz, Klagenfurt, Wien sowie Auslandsabenteuern in Nordamerika, Deutschland und Schweden versuchte sich der einer Eishockeyfamilie entstammende Defender mit 33 Jahren nochmal in Übersee und heuerte bei den Reading Royals an. Und es sollte ein unvergessliches Abenteuer werden, von dem er in seinem „Abroad Blog“ berichtet:

Auch in der zweiten Dezemberwoche ging es für die Royals erfolgreich weiter. Gegen Indianapolis konnten wir den 6. und 7. Sieg in Serie feiern. Dazu kam noch ein freier Sonntag an dem ein besonders lustiges Treffen auf dem Plan stand. Auf Facebook hatte ich ein paar Tage vor den Spielen gegen Indy einen guten Bekannten erspäht, der gerade auf Urlaub in New York City war. Ich fragte ihn ob er nicht Lust auf einen Kaffee im Big Apple hätte, da meine Freundin und ich am freien Sonntag sowieso einen Abstecher in die zwei Stunden von Reading entfernte Metropole geplant hatten. Wir verabredeten uns zum Sonntagsbrunch in einem Jazz-Club in Harlem. Als ich Harlem hörte, dachte ich eher an Gangsterviertel und die Globetrotters als an einen Brunch, aber er versicherte mir, dass er im besagten Lokal einen Tisch für 9:30 Uhr reserviert hatte. Lisa und ich waren bereits um 9:00 Uhr angekommen, da Sonntag morgens absolut niemand nach Manhattan unterwegs zu sein schien. Wir gingen zum Restaurant und staunten nicht schlecht als der Mann am Empfang uns mitteilte, dass erst ab 10:00 Uhr geöffnet wurde. Ich dachte sofort, dass mein Freund mich auf den Arm genommen hatte, denn er war ja einer der bekanntesten Streiche-Spieler Österreichs. 

Zum Glück wurden wir nicht Opfer von Gernots Kulisionen, sondern es handelte sich einfach um ein Missverständnis. Wir trafen uns daher mit den Kulis‘ in einem Starbucks um die Ecke und plauderten im Coffeeshop bis das Restaurant endlich seine Pforten öffnete. Reserviert war dort unter Kulis auch für 9:30 Uhr, allerdings PM, also abends, wie wir dann am Empfang später feststellten. Gernot hatte damit die Lacher des Personals natürlich bereits auf seiner Seite. Trotz des kleinen Hoppalas konnten wir dennoch einen Platz im, innerhalb einer halben Stunde, völlig überfüllten Lokal ergattern und genossen einen typisch amerikanischen Brunch mit cooler Live-Jazz-Begleitung. Auch die üppige Jazz Sängerin, die sich sehr intensiv mit ihren Gästen zwischen ihren Songs unterhielt, hatte ihre Freude mit unserem Tisch (auch sie war schon einmal in Austria). Nach dem Brunch ging es noch Richtung Times Square und zum Eislaufplatz am Bryant Park um uns dort von den Reisenden zu verabschieden. Lisa und ich wollten danach noch die Aussicht vom Rockefeller Center genießen. Als wir am „Top of the Rock“ ankamen, schneite es wie verrückt und wir konnten Manhattan von oben auf der offenen Dachterrasse im Schneesturm  bewundern.

HIER GEHT ES ZU DEN BISHER ERSCHIENENEN BLOG-AUSGABEN

Am nächsten Wochenende fuhren wir für zwei Spiele ins weniger winterliche South Carolina. Zwei Tage vor dem Spiel holte uns der Sleeper Bus um Punkt Mitternacht direkt vor den Apartments ab. Bewaffnet mit meinem eigenen Polster und meinem Laptop in der Reisetasche (ein Buch und ein paar Snacks durften auch nicht fehlen) legte ich mich in meinen Bunk. So nennt man eines der dreifach Stockbetten die es in so einem Sleeper Bus gibt. Als ältester Spieler musste ich keine Angst haben ohne einen der 12 Bunks dazustehen, denn es gingen immer ein paar Rookies (erstes Jahr Profi) leer aus und mussten sich mit dem Teppichboden begnügen. In so einem Sleeper Bus gab es vorne ein Abteil für die Coaches und Betreuer, das mit Satelliten TV und Internet ausgestattet war. Dazu eine kleine Küche mit Kühlschrank und Mikrowelle. Die dortige Sitzgarnitur konnte man zu Betten umbauen, dennoch schlief unser Live-Broadcaster (jedes unserer Spiele wurde von ihm live und vor Ort kommentiert, die Auswärtsspiele im lokalen Kabel-TV zu sehen und die Heimmatches im pay per view Internet) aus Platzmangel auf dem Boden. In der Mitte befanden sich 12 Bunks die jeweils einen eigenen TV mit Satellitenempfang hatten, ein kleiner Schrank für die Anzüge und Hemden der Spieler und ein WC. Um dieses zu erreichen musste man meist über die zwei armen Rookies steigen, die es sich am Boden so gut es ging gemütlich gemacht hatten. Im hinteren Bereich des Busses gab es noch eine runde Sitzlandschaft (mit Stereo Anlage und TV), die auch zu ein paar Schlafplätzen verwandelt werden konnte.  

Der Sleeper Bus

Die Ausrüstung und das gesamte andere Equipment, wurden bereits vor der Abfahrt von unserem Equipment Manager und unserem Athletic Trainer in den Anhänger des Team-Busses geladen. Überhaupt hielt unser Betreuerstab einen sehr professionellen Standard für unser Minor-League Team. Somit konnte ich mich beruhigt ins Land der Träume begeben und wurde am nächsten Tag tausend Kilometer weiter südlich geweckt. Wir waren nur eine Stunde von Greenville (South Carolina) entfernt und hielten an einem Diner um unser Frühstück einzunehmen. Am Zielort angekommen ging es in die Kabine und direkt aufs Eis zum Training. Als ich die Halle verließ ärgerte ich mich, dass ich keine Shorts eingepackt hatte, denn in South Carolina hatte es Mitte Dezember 15 Grad plus und es gab keine Anzeichen eines spontanen Schneesturms.

Am nächsten Tag kam ich mit Mark Dekanich und Mike Boivin als erstes zur Halle. Wie immer nahmen wir ein Taxi oder wenn verfügbar ein Hotel Shuttle, um noch ein wenig extra Zeit für uns alleine in der Kabine zu haben. Die wirklich schöne Gästekabine strahlte in vollstem Glanz. Man hätte meinen können man befinde sich in einem NHL Locker Room und in Gedanken an meinen Blog machte ich ein Panoramafoto. Leider war unsere Leistung an diesem Tag nicht so gut wie die unserer Betreuer und wir verloren mit 2:1, wobei wir unsere ersten beiden shorthanded Goals der Saison!!! kassierten. Eine unnötige Niederlage, auf die wir tags darauf ebenfalls eine weitere vermeidbare Niederlage einfuhren. Man könnte meinen, dass die 2000 km lange Reise umsonst war, aber es gab da doch noch eine kleine Story, wegen der sich der lange Weg bezahlt gemacht hatte.

Auf dem Videowürfel vor dem Samstagspiel lief ein Highlightvideo zum 15-jährigen Jubiläum der Mannschaft aus Greenville, die 2002 den Kelly Cup gewinnen konnte. Relativ lange im Bild ein Franko-Kanadier, der komplett überzogen sein Tor zelebrierte. Und das war auch noch understatement. Ich hörte einige Kommentare auf der Spielerbank über den exzessiven Torjubel, wie z.B.: „Who the f… is this guy?“ und musste dabei innerlich lachen, denn ich spielte in der Vorsaison mit diesem „guy“ zusammen bei den Vienna Capitals. Es war ein junger Simon Gamache, der in seiner Rookie-Saison den Kelly Cup gewann und auch noch Playoff MVP wurde.

Pic: Tom Boland Photography (Reading Royals)

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