Nicht weniger als 13 Damen nehmen derzeit an einem Spielbetrieb außerhalb Österreichs teil – vier davon in der NCAA und eine davon ist die Steirerin Theresa Schafzahl, die bereits in ihrer vierten Saison bei den Vermont Catamounts steht. Im exklusiven Hockey-News-Interview spricht die 21-Jährige über ihre Zeit im College-Hockey, das Quali-Turnier in Füssen und über den Aufholbedarf des österreichischen Eishockeys.
Du stehst heuer bereits in deinem „senior year“ und wirst heuer auch noch die 100-Spielemarke auf NCAA-Niveau knacken. Kommt es dir nicht so vor als wäre es gestern gewesen, als du den Schritt von den Sabres Wien über den großen Teich gewagt hast?
Ja, auf jeden Fall. Als ich in meinem ersten Jahr war, haben immer alle gesagt wie schnell die vier Jahre vergehen werden, aber man realisiert das selbst nicht so wirklich. Aber jetzt fühlt es sich wirklich so an als sei die Zeit verflogen. Ich glaube aber vor allem auch, dass dieses Gefühl durch die Covid-Pandemie verstärkt wurde, aufgrund dessen wir weniger Spiele hatten und auch einige Zeit zu Hause anstatt auf der Uni und auch im Distance Learning verbrachten.
Seit wann war es für dich klar, dass du den Schritt nach Amerika wagen willst? Welche Hürden gab es am Weg zu den Catamounts zu überwinden? Gab es neben Vermont noch andere Optionen für dich?
Den Schritt nach Amerika machen zu wollen war mir schon früh bewusst, sobald ich realisiert hatte das die College Liga eine der besten Ligen ist und mir wahrscheinlich die beste Möglichkeit bieten würde Eishockey und Studium so problemlos wie möglich zu verbinden. Auch abseits des Eishockeys wollte ich schon immer für mindestens ein Jahr ins Ausland, ob während der Schulzeit oder fürs Studium. Ich glaube konkret habe ich mich mit zirka 15 entschlossen in die USA gehen zu wollen. Anfangs war ich recht planlos, wie ich dieses Ziel erreichen sollte, da es grundsätzlich schwierig ist als Europäerin Aufmerksamkeit bei den College Trainern zu erlangen und ein Stipendium angeboten zu bekommen.
Die College Liga in den USA ist anders strukturiert als Sportvereine bei uns, und da ich mich damit wenig auskannte, war das ganze Vorhaben ein wenig einschüchternd. Zum Glück gaben mir einige Spielerinnen, welche ich bereits vom Nationalteam kannte, Ratschläge und mit 16 nahm ich bei einem College Showcase in Schweden teil, bei welchem ich auch meinen jetzigen Trainer kennenlernte. Nach diesem Camp hatte ich auch ein wenig Kontakt mit anderen Teams, aber Vermont machte mir von Anfang an einen guten Eindruck. Auch nachdem ich mein Team gefunden hatte, waren immer noch einige Hindernisse, wie zum Beispiel die standardisierten College Aufnahme Tests, Englisch Tests und Studenten Visa zu überwinden. Aber all das hat im Endeffekt gut geklappt.
Wie waren die Anfangszeiten in Vermont? Vermutlich war es „schwieriger“ sich abseits des Eises zurecht zu finden, oder? Natürlich hat man einen genauen Trainings- und Stundenplan, dennoch läuft das Leben von heute auf morgen komplett anders ab…
Sicher war es anfangs eine große Umstellung, da ich vorher immer daheim gelebt habe, aber ich glaube dadurch, dass das Leben an der Uni relativ strukturiert ist und man in den ersten zwei Jahren auch am Campus lebt und in den Cafeterien isst, war es nicht so schwierig sich einzuleben. Den Anfang beim Studium selbst habe ich mir auch schwieriger vorgestellt, aber es hat alles von Anfang an recht gut funktioniert.
Gab es für dich irgendwelche weiblichen Role-Models, wie vielleicht Hilary Knight oder Marie-Philip Poulin? Verfolgst du die PHF oder andere Damen-Eishockeyligen?
Ehrlich gesagt kannte ich früher fast keine Spielerinnen aus Amerika, da es außerhalb der Olympischen Spiele recht schwierig war diese zu verfolgen war. Für mich waren die größten Vorbilder eigentlich immer Denise Altmann und Anna Meixner, mit welchen ich schon als sehr junge Spielerin im Nationalteam zusammenspielen durfte. Es war sehr cool zu sehen wie Spielerinnen aus Österreich, meiner Meinung nach, auf absoluter Weltspitze mithalten konnten. Das gab mir selbst auf jeden Fall die Motivation auch auf einem international hohen Niveau spielen zu können.
Ich verfolge die meisten Damen Eishockeyligen, vor allem die EWHL da ich noch die meisten Spielerinnen aus meiner Zeit dort kenne, und auch die SDHL und PWHPA. Zurzeit. Da es ein olympisches Jahr ist, verfolge ich auch die Spiele der Amerikanischen und Kanadischen und vor allem auch der Tschechischen und Finnischen Nationalteams da bei diesen Spielerinnen von UVM dabei sind.
Und wie sieht es mit den männlichen Kollegen aus? Die NHL hat man ja quasi vor der Haustüre – wie präsent ist der Hockey-Sport in deiner Ecke und bist du da vollkommen up to date? Montreal liegt ja keine zwei Autostunden von Burlington entfernt, auch die Bruins sind nicht ewig weit weg. Hast du es vielleicht sogar mal zu deinem Lieblingsteam, den Maple Leafs, geschafft?
Eishockey hat auf jeden Fall einen hohen Stellenwert hier, vor allem weil wir geographisch so nahe an Kanada sind. Das Herrenteam unserer Uni füllt unser Stadion, welches über ungefähr 4.000 Sitzplätze verfügt, bei den meisten Spielen relativ gut. Und auch bei unseren Spielen findet sich meistens ein gutes Publikum. Ich verfolge die NHL und vor allem Colorado und Toronto recht intensiv, aber vollkommen up to date bin ich meistens nicht. Leider habe ich persönlich noch nie bei einem NHL Spiel sein können. In den letzten zwei Jahren war es einige Male geplant, aber leider hat jedes Mal Covid einen Strich durch die Rechnung gemacht. Für die Zeit, die ich in den USA verbleibe, ist ein Besuch bei einem Spiel entweder in Boston oder in Montreal aber unbedingt geplant.
Du studierst Wirtschaft und stehst kurz vor deinem Abschluss – was kommt als Nächstes? Gibt es schon genaue Pläne, wie die Karriere von Theresa Schafzahl weiter geht?
Normalerweise darf man in der NCAA College Liga nur 4 Jahre spielen, aber da wir aufgrund der Covid-Pandemie eine Saison fast gar nicht gespielt haben, wurde uns Spielern ermöglicht eine 5.Saison in der Liga zu spielen. Somit kann ich noch für ein weiteres Jahr in den USA bleiben und mein Masterstudium abschließen. Wohin dann die Reise geht, ist mir wirklich noch unklar. Eventuell würde ich noch gerne ein zwei Jahre in der schwedischen Liga spielen, aber da man im professionellen Dameneishockey noch immer sehr schwer davon leben kann, bin ich auch sehr fokussiert meine Karriere abseits vom Eis zu starten. Was genau ich gerne machen würde und auch ob ich zurück nach Österreich oder eventuell in den USA bleiben möchte, weiß ich noch nicht.
Du hast Österreich im vergangenen Jahr bei der Olympia-Quali in Füssen vertreten – am Ende seid ihr denkbar knapp an der Qualifikation für Peking gescheitert – wie bitter war dieses Erlebnis? Gab es auch positive Momente, die dir noch lange in Erinnerung bleiben werden?
Es war auf jeden Fall sehr bitter, dass es so knapp nicht zur Qualifikation gereicht hat. Vor allem als wir das Spiel zwischen Deutschland und Dänemark, welches über unsere Qualifikation entscheiden würde, verfolgt haben und es am Anfang so ausgeschaut hat als Deutschland gewinnen würde und wir uns somit qualifizieren würden, war es schon sehr enttäuschend als es im Ende nicht geklappt hat. Aber trotzdem hatten wir bei dem Turnier als Mannschaft eine tolle Zeit und es ist immer wieder schön Teamkolleginnen beim Nationalteam zu treffen mit einigen man schon seit der Kindheit zusammengespielt hat.
Eishockey ist in Österreich noch immer eine Randsportart, die wenig Beachtung findet. Wo siehst du die größten Schwachstellen, verglichen mit Systemen, die in Nordamerika implementiert und aufgebaut wurden? Ist es, wie so oft angeführt, die fehlende Infrastruktur, oder doch das Coaching? Wo würdest du den Hebel ansetzen?
Ich glaube das größte Problem liegt in der Tatsache wie wenig Kinder und Jugendliche in Österreich grundsätzlich Sport betreiben. Wenn ich an meine Zeit am Gymnasium in Österreich zurückdenke, waren in meiner Klasse von ungefähr 25 Schülern durchschnittlich nur fünf bis zehn in einem Sportverein aktiv. In den USA ist diese Anzahl wesentlich höher, da die Sportvereine sozusagen Teil der Schulen sind. Das führt dazu das die meisten Kinder mindestens einen Sport betreiben. In den meisten Private Schools, welche in den USA doch sehr populär sind, ist es sogar vorgeschrieben an einem Sport teilzunehmen. Ich glaube die Rahmenbedingungen sind einfacher für Kinder Teil eines Teams zu sein.
Aber ich glaube auch das vielleicht viele Eltern gewollt sind mehr in die sportliche Karriere ihrer Kinder zu investieren, welche vor allem beim Eishockey sehr teuer ist, da Sport eine sehr gute Möglichkeit bietet ein College Stipendium zu ergattern und damit sehr viel Geld zu sparen und auch vielleicht weil Sport grundsätzlich einen höheren Stellenwert hier hat. Vor allem im Eishockey fehlt es in Österreich definitiv an der Anzahl an Jugendspielern. Als ich noch bei den Graz 99ers im Nachwuchs spielte war es in einigen Jahren dem Verein nicht einmal möglich an allen Altersklassen der Meisterschaft teilzunehmen da nicht genügend Spieler vorhanden waren. Ich kann nicht wirklich beurteilen wie die Situation zurzeit ausschaut, aber ich glaube, dass es grundsätzlich immer noch viel zu wenige Spieler gibt.
Aber auch wenn man auf die Infrastruktur und das Coaching schaut, gibt es im Vergleich zu Nordamerika und anderen Topnationen natürlich eine Menge Aufholbedarf. Ein großer Unterschied liegt bei der Spielerentwicklung. In den großen Eishockeynationen ist es üblich für Kinder auch abseits ihrer normalen Teams vor allem auch im Sommer mit so genannten Skills Coaches an ihren Fähigkeiten zu arbeiten. Im heutigen Eishockey ist das Niveau so hoch, dass auch die talentiertesten Spielen es nur mit sehr viel Training auf das höchste Niveau schaffen. Ich glaube, dass diese Spielerentwicklung bei vielen Vereinen in Österreich nicht genug wertgeschätzt wird. Die Verfügbarkeit und der Preis von Eiszeiten vor allem im Sommer macht dieses Skills Training in Österreich zurzeit sehr teuer.
Das Interview wurde geführt von Martin Muhrer/www.hockey-news.info